Barbara Leicht, Kunsthistorikerin (M.A.)

Der 1980 in Hamburg geborene Constantin Schroeder hat schon von Kindesbeinen an eine große Affinität zur Malerei verspürt. Trotzdem hat der heute hauptberufliche Maler Theologie und Philosophie und Kunstgeschichte studiert und nicht Malerei. Lange gegen den ins Blut gelegten Beruf gewehrt, brach es irgendwann aus ihm heraus und er bekannte sich dazu Künstler sein zu wollen. Heute lebt und arbeitet er in Berlin.
Es ist erstaunlich, welche Bildwelten Constantin Schroeder entwickelt. Die Gegenwart mit all ihren Facetten verinnerlicht, lässt er die Düsternis der Welt durch seinen Pinsel fließen. Er benutzt meist eine sehr knappe Farbpalette. Der Kolorismus ist nicht sein Ding. Er konzentriert sich darauf Bildräume zu schaffen, die seiner Imagination gerecht und derer des Betrachters habhaft werden.
Meist im großen Format umfangen die Szenen mit ihrer eigentümlichen Erzählweise den Rezipienten. Wahrhaft vieles gibt es für jenen zu sehen und zu verarbeiten. Schroeders Werke sind nicht einfach nur irgendwie gut gemalt oder eigen. In bald surrealistischer Manier generiert der Künstler Geschichten, von denen Fetzen in seinem Kopf herum spuken und zeigt Abgründe, Endzeitstimmungen, fast seherisch. Er filtert die tägliche Nachrichtenschwemme durch sein intuitives Imaginationsvermögen und chiffriert Selbsterfahrenes. Schroeder ist ein geschickter Kompositeur und will die Geister, die er rief nicht loswerden, er holt sie in seine Bildräume hinein und löst Erstaunen aus. Er schafft Anmutungen, die der Betrachter schwer entschlüsseln kann. Kunst muss nicht immer nur „the bright side of life“ zeigen, ganz oft und das ist ein hoher Auftrag an sie, zeigt sie die Kehrseite unseres Strebens nach Harmonie.
Schroeder greift tief in das Archiv der menschlichen Psyche. In seinen Werken zeigen junge Heroen zwischenmenschliche Rätsel. Die Frage nach der eigenen Existenz und Position und der Freiheit des Ichs wird durch eine rätselhafte Ikonografie transportiert.
Auffallend ist in etlichen Werken die weiße Leerstelle, die bald den Eigenlichtcharakter mittelalterlicher Goldgrundmalerei besitzt. Die Leerstelle, die der Künstler bewusst setzt, das Bild, das er bewusst unfertig lässt, um dem Betrachter Möglichkeiten zu eröffnen, die ihm so sonst nicht angeboten werden. Dieser muss eine Transferleistung erbringen und mit eigener Imaginationskraft die Lücken füllen, Sehraum ist gleich Denkraum.
Die Beleuchtung zeigt zum Teil extrem übersteuerte Helligkeit. Bald entlarvend und mit grellem Licht die Szenarien in eine kühle, in eine coole Atmosphäre versetzend, zeigt Schroeder Gewalt, beklemmende zwischenmenschliche Situationen und gewissermaßen den Verlust der Individualität.
Schroeder vermag es durch seine virtuose Malerei uns anders sehen zu lassen – wenn wir dies wollen.