
Mirko Schallenberg

Mirko Schallenbergs Bilder sind moderne Stillleben. Auf den ersten Blick erkennbar ist das ausgeprägte Gespür des Künstlers für Stofflichkeit und austarierte Kompositionen, Materialität und Räumlichkeit. Er malt Gegenstände aus seiner eigenen, umfangreichen Materialsammlung und stellt sie in einem neuen Kontext zusammen. Skizzen und das Erstellen eines dreidimensionalen Modells gehen den Arbeiten voraus. Das Modell dient dem Künstler dabei lediglich als Erprobung der Bildidee, nicht um abgemalt zu werden. Die Malweise ist realistisch, seine gegenständlichen Protagonisten setzt Mirko Schallenberg in akribischer, beeindruckender Sorgfalt in eine bewusste Interaktion. Das eigentliche Merkmal der Bilder des in Berlin lebenden und arbeitenden Künstlers ist das konstruierte Arrangement. Die sehr ästhetisch und gekonnt arrangierten Alltagsgegenstände sind in kraftvoller und stofflicher Haptik ausgeführt und treten miteinander in Beziehung. Eine konstruktive, metaphysische Malerei, die sich mit den Rätseln unserer Realität auseinandersetzt.






geboren in Northeim
Studium Hochschule für Bildende Künste, Braunschweig
Gründung der Malergruppe Konvention
Diplom Freie Kunst
Meisterschüler bei Prof. Hermann Albert
Stipendium Künstlerhaus Meinersen
Gründung der Produzentengalerie Konvention, Berlin
Gründung des Kunstvereins Blauer Salon e.V., Berlin
Lehrauftrag an der Akademie für Malerei, Berlin
Mirko Schallenberg lebt und arbeitet in Berlin
„Dingfest“, Galerie Friedmann-Hahn, Hrsg. Art In Flow Verlag, Berlin
„still in motion“, Hrsg. Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„Geometrie des Zufalls", GALERIE VON&VON, Nürnberg
„Kunstessenzen XXVIII“, Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„Stillleben“, Galerie Peters-Barenbrock, Ahrenshoop
„Werkschau #2“, Galerie Z22, Berlin
„Nexus“, Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
Galerie Barbara von Stechow, Frankfurt/Main
„Berliner Realismus“, Galerie Cyprian Brenner, Schwäbisch Hall
„Mit dem zweiten Blick“, Galerie Lauth, Ludwigshafen
„Nexus“, GALERIE VON&VON, Nürnberg
Art Karlsruhe, Gallery Friedmann-Hahn
Hallescher Kunstverein, Halle
Art Karlsruhe, Galerie Friedmann-Hahn
Artgeschoss, Internationale Kunstausstellung, Braunschweig
Kunstmuseum Bad Frankenhausen
„Lauf der Dinge“, Galerie Meier, Freiburg
„Dingfest machen“, Emslandmuseum, Sögel
„Geometrie der Dinge“, Kunstverein Kirchzarten
Städtische Galerie Petershagen
„Otto Dix aus der Privatsammlung Gunzenhauser und großformatige Malerei aus Berlin“, Stadtgalerie Altötting, Leipzig, München
Galerie Meier, Freiburg
„Das Leben der Dinge“, Gotisches Haus, Berlin
Galerie Artforum, Hannover
„still in motion“, Galerie Schmalfuss, Marburg
„Das Leben der Dinge“, Galerie Open, Berlin
„Kubus“, Galerie von Zufall und vom Glück, Hannover
Kunstmesse Karlsruhe, Galerie Artforum, Hannover
Kunstverein Blauer Salon, Berlin
Gallery Artforum, Hannover
Art Fair Karlsruhe, Gallery Artforum
„Resonanz“, with Kathrin Rank, Richard-Haizmann-Museum, Niebüll
„In Bloom“, Galerie Barbara von Stechow, Frankfurt
„Totentanz und Glück“ with Max Kaminski, Galerie Cyprian Brenner, Hüttlingen-Niederalfing
Kunst Zürich, with Barbara von Stechow, Switzerland
„Deacde“, Galerie VON&VON, Nuremberg
„PRIVATE CHOICE“, Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„Bildergeschichten“, Städtische Galerie Bad Reichenhall
„15 Jahre Galerie Friedmann-Hahn“, Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„schwarze Kohle, rothe Erde, gelbe Flammen“, Galerie Villa Novilla, Berlin
„tierisch gut“, Galerie Root, Berlin
„Accrochage“, Galerie Falkenberg, Hannover
„Komplizen“, Galerie Falkenberg, Hannover
„Kunstessenzen“, Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„11 in 4“, GALERIE VON&VON, Nürnberg
„Double Act“, Galerie Brötzinger Art, Pforzheim (zusammen mit Kathrin Rank)
„Best of I & II“, Galerie Cyprian Brenner, Schwäbisch Hall und Hüttlingen-Niederalfingen
„Still alive“, Galerie Schmalfuss, Berlin
Galerie Lauth, Ludwigshafen
Art.Fair, GALERIE VON&VON, Köln
„Malverwandtschaften“ Kunsthistorisches Museum Stralsund
Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„Lauf der Dinge“, Galerie Meier, Freiburg
„Kerngebiete“, Galerie Schmalfuss, Marburg
„Beziehungsweise“, Kunstverein Heidenheim
Galerie Schmalfuss, Berlin
„Behausung“, VBK, Berlin
Städtische Galerie Petershagen
„PArt3“, Petershagen
„Behausung“, VBK, Berlin
„Wenn die Malerei den Dingen lauscht“, Kunstverein Schöningen
„Von Dingen und Räumen“, Kunstverein Herrenhaus Heinrichsruh
Galerie Töplitz, Werder
Kunstverein Freiburg
Losito Kunstpreis, Großes Waisenhaus zu Potsdam
Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„Z50“, Hotes-International Fine-Art, Projektraum, Freies Museum Berlin
Kunstverein Aschau
Galerie Schmalfuss, Marburg
„still in motion“, Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
Galerie Friedmann-Hahn, Berlin
„still in motion“, Gallery Friedmann-Hahn, Berlin
Art Residency Meinersen
Einspruch gegen den ersten Eindruck
23.04.2019
Äpfel, Federn, Gläser, Äste, ein Backstein, Krüge, Lineale, hier ein Löwenzahn, dort ein Messer – arrangiert zu Gefügen und Kompositionen. Die Werke von Mirko Schallenberg scheinen auf den ersten Blick ganz vertraut: Stillleben eben. Doch wer einen zweiten Blick wagt, den erfüllt Verunsicherung. Und die ist rätselhaft schön!
Foto: Eva Karl / ideclarecolors.com
„Ich möchte, dass man seinen Augen trauen kann, dass man auf seine Sinne, sogar auf das eigene Unterbewusstsein vertrauen kann.“ Wenn ein Maler so etwas sagt, dann ist das eine Einladung, seine Werke erst einmal ganz unvoreingenommen zu betrachten – und nicht gleich nach Bedeutungsebenen oder Zitaten zu fahnden.
Schallenbergs Bilder versammeln Fundstücke. Alltagsdinge. Also Gegenstände, die man selbst im Haushalt hat, oder sich zumindest in Reichweite befinden. Gläser, Holzplatten, Krüge, Äpfel, Birkenäste. Fast schon entrückt erscheinen die Gegenstände im Deutungshorizont unserer modernen Welt der digitalen Artefakte. Detailreich gemalt und mit einem Farbauftrag, der nicht nur Kolorit erzeugt, sondern auch die Oberfläche der Leinwand mal rau oder gar erhaben modelliert. Gegenständlicher kann Kunst kaum sein.
Wie eine Art Kurator sammelt der Künstler Dinge und bewahrt sie in einem Magazin in seinem Atelier, das sich weitläufig in einer Berliner Industrieetage erstreckt. Das Gebäude diente früher als Werkstätte für Polstermöbel.Wo industrielle Fertigung pulsierte, werden nun Kombinationen aus einfachen Dingen zu Bildern. Stück für Stück arrangiert Schallenberg die Objekte, probiert Konstellationen, verwirft und entscheidet.
Wie die Räume entstehen
Die Objekte, die Dinge sind da. Was Schallenberg dann erschafft, sind zunächst einmal Räume. Ein Karton, eine Holzkiste, zwei Spiegel, eine getünchte Wand. Kulissen? Nicht ganz, denn die Räume selbst treten in Aktion zu den Dingen. Da lehnt eine Farbpalette an einer Wand oder fängt den Schatten ein, den ein Nachtfalter wirft. Dann kommt der nächste Schaffensmoment: Schallenberg stapelt eben nicht einfach die Objekte – sondern bringt sie in Beziehung zueinander. Auf Tonkrügen balancieren Holzplatten, die wiederum Standort für Gläser oder weitere Krüge werden, ein Ast liegt an einem Buch an oder eine Schnur senkt einen Apfel in die Bildhälfte.
Nicht zuletzt durch das Obst, das mit im Spiel ist, drängt sich dem Betrachter eine Genrezuordnung auf: Stillleben. Also Gemälde, die Eindeutigkeit ausstrahlen und ein Garant für Verlässlichkeit und Stabilität sind. Die Objekte ruhen förmlich – und zeugen doch von Vergänglichkeit. Jede noch so schöne Blüte wird welken, jeder Apfel fault mit der Zeit. So absurd es klingt: Dort, wo etwas still ist, wird seine Vergänglichkeit umso deutlicher.
Ausbruch aus dem Genre
Unverdächtig. Leise. Vielleicht sind es diese Zuschreibungen, weshalb das in den letzten Jahrzehnten das Stillleben fast schon von der Kunst der Gegenwart vergessen wurde. Karlauernd könnte man sagen: Um das Stillleben ist es still geworden. Aber so leicht machen es einen die Stillleben von Mirko Schallenberg wiederum nicht. Sie halten sich schlichtweg nicht an genregerechte Vereinbarungen, erfüllen die voreilige Stillleben-Erwartung einfach nicht. Denn beim genauen Hinsehen geben sie Risse preis, neigen zu Instabilität. Da ist ein Tonkrug, der kurz vor dem Springen ist. Die Erdbeere liegt nicht mehr auf dem Holzbrett, sondern ist schon halb im Fallen. Der Kerzendocht spendet noch etwas Rauch, aber ist schon fast kalt.
Was auf dem ersten Blick so ruhend und fest gefügt wirkt, ist ganz anders zu sehen. Die Werke zeigen gar keine festen Situationen, die dem Zahn der Zeit preisgegeben sind. Sie zeigen nichts als Augenblicke und Situationen, die kaum vergänglicher zu denken sind: Von einem Moment auf dem nächsten könnten sie anders sein. Ein Holzscheit kippt und bringt ein Glas ins Fallen. Das Gefüge? Komplett über den Haufen geworfen. Von einem Moment zum anderen. Es ist ein Spiel mit Stabilität und Unstabilität, mit dem Ungewissen und dem Vertrauten.
Keine falschen Versprechen
Doch mit dieser Verunsicherung ist es nicht genug. Denn Schallenberg verschärft sein Spiel mit der Zeit und dem Moment noch weiter. Äste tragen Knospen, saftiges Grün, trockenes Laub und kahle Zweige zugleich – nur wenige Zentimeter entfernt finden auf der Leinwand sämtliche Jahreszeiten statt. Entstehen, Werden, Vergehen: gleichzeitig. Doch so absurd es klingt: Eine solche synchrone Diachronie verunsichert nicht, sondern sorgt für Demut: Es gibt nunmal einen Lauf der Dinge, der nicht aufzuhalten ist. Alles Leben wird einmal sterben.
Für mich macht den Reiz der Kunst von Mirko Schallenberg aus, dass sie hochrealistisch ist. Nicht nur künstlerisch mit ihrer Gegenständlichkeit und meisterhaften Ausführung; sondern auch konzeptionell: Weil sie das Vanitas-Motiv, also die Erinnerung an die Vergänglichkeit des Seins, auf die Spitze treiben. Augenblicke mischen sich mit Lebenskreisen. Schallenbergs Stillleben brauchen keine doppelten Böden oder komplizierten Verrenkungen. Sie legen sich auf Klarheit fest: Nicht nur das Leben ist vergänglich. Jeder Augenblick ist es.
Das Stillleben im 21. Jahrhundert
Dr. Harry Lehmann, Philosoph
22.11.2017
Foto: Eva Karl / I DECLARE COLORS
Die Dinge gewinnen – in einer ganz bestimmten Konstellation, die es zu finden gilt – selbst eine Stimme: Im Zeitalter der virtuellen, simulierbaren Welten verlieren die Gegenstände endgültig ihre sinnliche Präsenz. Sie werden zu abstrakten Zeichen in jenen technisierten Lebensräumen, in denen der Mensch heute sein Dasein fristet. Die Vergrößerung der Gegenstände vergrößert ihre Dignität. Der Kontrast von Gegenstand und Hintergrund steigert die sinnliche Präsenz ihrer ansonsten unscheinbaren Oberflächen. Und der matte Farbton, der auf allen Farbflächen gleichermaßen liegt, lässt die Dinge zur Ruhe kommen, als ob der ewige Friede über ihnen liegt.
Abgedunkelt gegen jedes Kunstlicht, das aus unserer Lebenswelt dringen mag, beginnen die Gegenstände im Bild in ihrem eigenen Licht zu schimmern. Schallenbergs Bilder gehen einer sehr alten philosophischen Frage nach, der Frage nach dem Sein. Und wie bereits die antike Philosophie scheinen auch diese Bilder auf eine Verlusterfahrung zu reagieren, auf den Verlust der magischen Welt, in welcher die Dinge lebendig zu den Menschen gesprochen haben, wie man sagt. Insofern gehört diese Malerei einer kulturkritischen Tradition an, die sich durch die gesamte Geistesgeschichte Alteuropas zieht. Allerdings wäre dies, gemessen am Anspruch zeitgenössischer Kunst, zu wenig; zu sehr wiederholte diese Malerei in einer Reihe gleichförmiger Bilder das Mantra der Seinsvergessenheit.
Doch das gemalte Bild gibt nicht die Wirklichkeit wieder, wie sie ist, sondern sie stellt sie in genau diesem besonderen Aspekt heraus, und dieser Idee dienen auch die Vergrößerungstechnik, die Hintergrundgestaltung und die Farbgebung der Bilder, also all das, was diese eigenwillige Kunst begründet.